„Vereinsgewächs“ auf dem Dirigentenpult
BZ-Interview mit André Baumeister
Heiden. Seit September hat die Musikkapelle Heiden einen neuen Dirigenten: Andre Baumeister (28) heißt der Mann, der ab sofort den Takt im 102 Jahre alten Verein angibt. Die BZ sprach mit dem neuen Dirigenten über einen ungewöhnlichen Berufswunsch, seine Vorbilder und die Ziele, die er als Dirigent verfolgt.
BZ: Sie haben eine Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (VWA) absolviert. Wann entstand der Wunsch, von Zahlen und Bilanzen zu Noten und Instrumenten zu wechseln und Blasorchesterdirigat zu studieren?
Baumeister: Der Wunsch, dieses Fach zu studieren, hat sich bei mir erst im Laufe der Zeit entwickelt. Zunächst habe ich 2003 Dirigierunterricht bei Rainer Becker, dem Leiter der Musikschule Havixbeck, genommen, da ich mich auf meine Arbeit als Jugendorchesterdirigent der Musikkapelle Heiden vorbereiten wollte. Im Jahr 2004 nahm ich berufsbegleitend an dem Aufbaulehrgang (B-Lehrgang) zum Blasorchesterdirigenten an der Landesmusikakademie NRW teil. Während dieser Zeit habe ich gelernt, dass das Dirigieren eines Orchesters mehr ist als den Beginn, das Tempo und die Lautstärke eines Musikstückes anzugeben. Daher wurde der Wunsch, dieses Fach intensiver zu erlernen, immer stärker, so dass ich mich schließlich im Jahr 2006 für d as Musikstudium zum Blasorchesterdirigenten bei Pierre Kuijpers und zum Sinfonieorchesterdirigenten bei Enrico Delamboye und Jan Stulen am Conservatorium Maastricht entschied.
BZ: Was ist das Besondere an diesem Beruf?
Baumeister: Zum einen hat man die Gelegenheit, sich intensiv mit der Musik zu beschäftigen. Zum anderen arbeitet man mit Menschen zusammen, um mit ihnen gemeinsam zu musizieren. Außerdem bringt jedes Mitglied eines Orchesters seine eigenen, individuellen Charaktereigenschaften und musikalischen Fähigkeiten mit in das Ensemble ein. Die interessante Aufgabe des Dirigenten ist es, diese verschiedenen Qualitäten in einem Orchester zusammenzuführenmit dem Ziel, Musik gemeinsam zu erleben.
BZ: Was lernt man während des Studiums? Wie ist das Studium aufgebaut?
Baumeister: Das Dirigierstudium ist mit dem Instrumentalstudium zu vergleichen. Neben dem wöchentlich stattfindenden Dirigierunterricht, in dem der Student mit seinem Hauptfachlehrer technische und musiktheoretische Aspekte einzelner Kompositionen erarbeitet, bekommt er parallel Unterricht in Fächern wie zum Beispiel Klavier, Gehörbildung,Analyse, Tonsatz, Musikgeschichte, Repertoirekenntnis, Instrumentenkunde, Orchesterschulung oder Partiturspiel.
BZ: Welche Orchester leiten Sie beziehungsweise haben Sie schon geleitet?
Baumeister: Zurzeit leite ich neben der Musikkapelle Heidenseit 2006 den Musikverein Wessum und seit 2007 das Kreisorchester Borken. Darüber hinaus habe ich das Jugendorchester Heiden von 2004 bis 2009 und das Sinfonieorchester der Universität Düsseldorf als Vertretung von 2009 bis 2010 dirigiert.
BZ: Was reizt Sie an der Musikkapelle Heiden?
Baumeister: In Heiden bin ich aufgewachsen und Mitglied der Musikkapelle seit 1992. Daher ist es für mich eine Freude, dieses Orchester nun zu dirigieren.Außerdem hat der Verein eine über hundertjährige Tradition, legt sehr viel Wert auf die Jugendarbeit, bietet eine professionelle Musikausbildung an und möchte sich immer weiter entwickeln.
BZ: Welche Potenziale sehen Sie? Welche Ziele versuchen Sie mit der Musikkapelle zu erreichen?
Baumeister: In den vergangenen Jahren hat die Musikkapelle gezeigt, dass sie immer offen ist für neue Ideen. Ich denke da zum Beispiel an das erstmalige Kinderkonzert im vergangenen Jahr, in dem Kinder, Jugendliche und Erwachsene die Möglichkeit haben, einen unkomplizierten Zugang zur interaktiven Orchestermusik zu bekommen. Ich würde mich freuen, solche Projekte weiter unterstützen zu können. Grundsätzlich ist es mein Ziel, das bisher Erlernte und die Erfahrungen, die ich innerhalb meines Studiums sammeln durfte, an die Musikkapelle weiterzugeben.
BZ: Wannist der erste Auftritt der Musikkapelle unter der neuen Leitung?
Baumeister: Am 28. November findet ab 15 Uhr der dritte Café-Haus-Nachmittag mit dem gemeinsamen Auftritt des MGV Concordia Heiden und der Musikkapelle Heiden in der Westmünsterlandhalle statt. Dafür bereiten wir uns nun vor.
BZ: Welche beruflichen Vorbilder haben Sie?
Baumeister: Es macht mir Spaß, einigen Dirigenten beim Musizieren mit verschiedenen Orchestern zuzuhören und sie dabei zu beobachten. Live ist es natürlich immer am besten, aber ab und zu schaue ich mir auch gerne die eine oder andere Videoaufnahme an. Von den berühmten Dirigenten mag ich den Stil von Carlos Kleiber, die Interpretationen von Claudio Abbado und die Energie von Simon Rattle.
BZ: Welche Musik hört André Baumeister in seiner Freizeit?
Baumeister: Zurzeit beschäftige ich mich aufgrund meines Studiums auch in der „Freizeit“ sehr viel mit Orchestermusik. Ansonsten gibt es nur wenige Musikgenres, die ich nicht gerne zur Abwechslung höre.
Adresse
Musikkapelle Heiden e.V.
Am Sportzentrum 7b
46359 Heiden